Am Sonntag, 20. September 2015, war es soweit:
Die „Demokratische Bundesrepublik Nepal“ hat endlich eine neue Verfassung.

Acht Jahre lang hat die Verfassunggebende Versammlung am neuen Grundgesetz des Staats gezimmert. Die Ausarbeitung einer neuen Verfassung war einer der Kernpunkte des „Umfassenden Friedensabkommens“ der sieben größten Parteien Nepals vom November 2007 gewesen. Endlose Streitereien zwischen diesen Parteien und zwei Neuwahlen hatten das Verfahren quälend lang verzögert.

Der Parlamentsplatz in Kathmandu nach der Proklamation der neuen Verfassung

Mit der neuen, mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedeten Verfassung wird Nepal nicht nur eine föderale Republik, sondern auch ein säkularer Staat. Das Hindu-Königreich Nepal ist damit endgültig Geschichte. „Säkular“ wird dabei verstanden als ein Staat mit Religionsfreiheit, der die seit Sanatan (Menschengedenken) praktizierten Religionen und Kulturen Nepals schützt. Die Armee wird unter zivile Kontrolle gestellt. Nepal hat nun ein parlamentarisches Zwei-Kammern-System, wobei der Präsident vom Parlament gewählt wird. Dagegen hatte es heftigen Widerstand gegeben, weil viele einen starken, direkt gewählten Präsidenten als Stabilitätsfaktor im System gewahrt haben wollten.
Nepal hat sich beim Wahlrecht für ein Verhältniswahlrecht entschieden, was vor allem bisher diskriminierte ethnische, religiöse und soziale Gruppen zur politischen Vertretung verhelfen soll. Dies ist in einem Land mit rund 100 Volksgruppen und Ethnien und seinem immer noch starken Kastenwesen ein großer Durchbruch. Namentlich genannt werden bei den auf den Wahllisten verpflichtend einzuschließenden Gruppen: die Dalits, die Adibasi Janajati (Ureinwohner des Berglands), die Khas Arya (ein Sammelbegriff für das Nepali-sprechende, in viele Kasten aufgeteilte relative Mehrheitsvolk Nepals), die Madhesi (Mehrheitsvolk des Terai), Tharu (Ureinwohner des Terai), Muslime, Frauen und rückständigen Regionen. Bei der Wahl des Repräsentantenhauses gilt keine Sperrklausel, weshalb sich die Parteienlandschaft weiter zersplittern könnte.

Den vielleicht wichtigsten Umbruch im politischen System Nepals wird das neue Föderalsystem bringen. Gegen den heftigen Widerstand der Madhesi-Parteien (Parteien der südlichen Tiefebene des Terai) wird sich Nepal künftig in sieben Provinzen organisieren. Die Madhesi werden dabei in zwei Provinzen zur Minderheit, statt in einer Terai-Provinz die dominante Mehrheit zu bilden. Deshalb haben sie die neue Verfassung abgelehnt, weshalb dieser Unruheherd wohl weiter schwelen wird.
Ein föderales System war für Nepal überfällig, nicht nur um der ethnischen Vielfalt des Landes halbwegs gerecht zu werden, sondern auch um die politische Macht vom Wasserkopf Kathmandu näher zum Volk und zu den Bürgern zu bringen. Das bedeutet freilich, dass politische Macht von den neuen Provinzen auch an die Gemeinden verlagert werden muss, um nicht bloß neue bürokratisch-korrupte Wasserköpfe zu schaffen. Für die Umsetzung dieser Dezentralisierung ist jetzt ein strikter „Operationskalender“ gefordert, ansonsten könnte viel Reformschwung in den Mühlen der alten Politikerkasten verloren gehen.

Interessant auch die in der Verfassung enthaltene Pflicht der Parteien, sich intern mit einer gewählten Führung demokratisch zu organisieren, was vor allem auf die Maoisten abzielt. Zudem müssen die Parteien auf allen Führungsebenen die Vielfalt Nepals widerspiegeln. Damit wird rein ethnischen Parteien ein Riegel vorgeschoben. Keine Verfassung ist perfekt, doch kann Nepal neue Hoffnung schöpfen, wenn diese neue Verfassung umgesetzt wird und wenn sich die politischen Kräfte dieses so arg gebeutelten Landes künftig im Geist der Präambel bewegen, die da lautet:
„Wir, das Volk von Nepal, in Ausübung der souveränen uns zustehenden Macht, beenden die vom feudalen, autokratischen, zentralistischen Einheitsstaat geschaffenen Formen von Diskriminierung und Unterdrückung, anerkennen die kastenmäßige, sprachliche, kulturelle und geographischen Verschiedenheiten und drücken unseren Willen aus, eine egalitäre Gesellschaft zu schaffen auf der Grundlage der proportionalen Inklusion und Partizipation, um wirtschaftlichen Ausgleich, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten.“

Thomas Benedikter
Der Autor hat 2002/03 in Nepal die Hintergründe des zehn Jahre dauernden Maoistenkriegs erforscht („Krieg im Himalaya“, LIT Verlag, 2003), war früher Leiter der Südtiroler Sektion der Gesellschaft für bedrohte Völker und der Bibliothek Kulturen der Welt, war im Vorstand von PRONEPAL tätig und ist seit 2013 hauptamtlich für die Gen. POLITiS für politische Bildung und Forschung tätig.

Mehr über die Südtiroler Solidarität mit Nepal auf www.pronepal.org

Am Samstag, den 12. August 2015 fand in Karthaus im Schnalstal die Premiere des Films  „Everest“ statt. Die Organisatoren dieses Events wollten anlässlich der Premiere des Films, der eine Geschichte erzählt, die sich in Nepal abspielt, auch an die aktuelle Notsituation in Nepal erinnern.

So wurde beschlossen, die gesamten Spenden, die am Abend eingehen sollten, zugunsten des Vereins ProNepal zur Verfügung zu stellen.

Vor der Filmvorführung fand eine Diskussion zu mehreren Themen, die derzeit Nepal betreffen, statt. Der extreme Bergtourismus, der Klimawandel, die Bergrettung, die Feuerwehr, die Hilfsmöglichkeiten der NGO’s wurden gemeinsam beleuchtet. ProNepal durfte auch an dieser Diskussion teilnehmen und die Belange des Vereins vorstellen.

Am Ende des gelungenen Abends wurde dem Präsidenten von ProNepal eine Spende in Höhe von ca. 3.500 EURO überreicht. Weiters hat der Produzent aus Rom eine Spende von 5.000 EURO  an ProNepal überwiesen.

Der Verein ist sehr dankbar, dass er an dieser Veranstaltung teilnehmen  und seine Anliegen vorbringen konnte. Ganz besonders freut man sich über die großen Spenden, die nun in Nepal eingesetzt werden können.

Bericht Sanga – Schule und Trinkwasseranlage

Während des Ortsaugenscheines eines Vorstandsmitgliedes von ProNepal am 25. August 2015 zeigte man in Sanga zuerst, nicht ohne eine gewissen Stolz, die Trinkwasseranlage. Diese wurde in den Jahren 2008 – 2010 erbaut und von ProNepal und der Autonomen Provinz Bozen mitfinanziert. Die Anlage hat durch das Beben keine Schäden erlitten und auch die Quellschüttung hat sich nicht verringert, eher etwas verbessert. Die Regierung hat eine Trinkwasseraufbereitungsanlage als erstes Pilotprojekt vor die Speicherbecken errichtet (besteht aus drei Filtersystemen, zuerst ein Hohlfilter, dann ein Kies- und Sandfilter und anschließend eine Chlorierungsanlage). Auch wird nun vor das zweite Becken eine ähnliche,  aber kompaktere Aufbereitungsanlage gebaut.

Als nächstes wurde uns die Schule von Sanga gezeigt. Zum Glück ist nur ein Teil der Schule beschädigt.

Die nepalesische Regierung hat kurz nach dem Erdbeben die öffentlichen Gebäude einem Schnellcheck unterzogen und die Gebäude in drei Klassen eingeteilt und farblich mit einem Sticker gekennzeichnet:

Grüner Sticker bedeutet: kein Problem, kann benutzt werden
Gelber Sicker bedeutet: nach Durchführung kleinerer Maßnahmen temporär benutzbar
Roter Sticker bedeutet:  darf nicht benutzt werden

Wie Fr. Jaya bereits angekündigt hatte, wird sie einen Vorschlag für die Schule bei ProNepal einreichen. Wahrscheinlich wird es sich dabei um 6 neue Klassenräume handeln.